Hexenprozesse mit Folterung und Verbrennungen gehören dem dunklen Mittelaltern an, Aberglaube und Hexenwahn aber leben fort; leben fort in der Landbevölkerung und ebenso in der Stadt. Wozu wäre ein Talisman notwendig? Und schwingen nicht die Burschen brennende Besen beim Sonnwend- und Petersfeuer? Damit wollte man einst das Hexengezücht aus der Gegend verscheuchen, das sich in den beiden Nächten im Holundergesträuch zu versammlen pflegte.
Von einer Hexenfeier bei der Feldkapelle, unweit der Bahnstation Oepping, weiß die Sage Schauriges zu berichten. In bestimmten Nächten versammelten sich dort die Hexen der ganzen Umgebung um vor dem Teufel über ihre Tätigkeit Rechenschaft abzulegen. Die einen rührten Butter aus leeren Fässern, andere molken aus Heutuchzipfeln Milch oder sammelten Tau von den Gräsern. Bedauernswert waren die Bauern, denen diese Treiben galt, denn auf diese Weise konnten die Hexen bei ihnen die Kühe ausmelken und die Rahmtöpfe entleeren, ohne den Stall zu betreten. Konnte der betroffenen Bauer nicht bald wirksam von diesem Hexenunfug befreit werden, war sein Viehstand verloren. Die Kühe magerten immer mehr ab, gaben Blut statt Milch und brachen schließlich zusammen.
Dort und da lebeten Hexenmeister, die gegen gute Bezahlung den Bann zu lösen wußten. Meist räucherten sie den verhexten Stall mit angekohlten Spänen aus, die sie von einem nagelneuen Türstock geschnitten hatten. Andere wieder ließen sich im Stall einschließen und machten da allein ihren Hokuspokus. Begann aber das Geschäft zu schwinden, fügte mancher Hexenmeister selber dem Vieh einen Schaden zu, damit die geplagten Bauersleute gezwungen waren, ihn wieder zu rufen und seine Hilfe in Anspruch zu nehmen. Bei Oepping wurden die Hexen immer dreister und lästiger. Bald war bekannt, dass dort Weibspersonen bei den nächtlichen Orgien in den höllischen Bund aufgenommen werden. Das wiederholte sich etliche Male, bis der Wirt vom Einkehrgasthaus an der alten Landstraße nicht länger mehr zusehen konnte und dem Treiben ein Ende bereiten wollte.
Hinter dem Rüstbaum in der rauchgeschwärtzen Wirtsstube stand eine alte Steinschloßpistole Diese lud er, ließ sich seinen feurigen Hengst satteln und sprengte im Galopp auf den Hexenschwarm zu. Mitten hinein in diese abscheuliche Gesellschaft feuerte er den Schuß aus der Pistole. Im gleichen Augenblick drehte der Hengst ab und flog wie der Wind in die Nacht. War das ein Kreischen und Geheule hinter dem Reiter! Und immer näher.......! O weh! Mit Sturmgebraus verfolgten die Bösen den Reiter und holten ihn auch bald ein. Sie hängten sich an den Schweif des angstvoll wiehernden Pferdes, rissen dem Reiter den Hut vom Kopf, zerrten am Rock, an den Armen,...... Der Wirt glaubte sich schon verloren. In dieser höchsten Not schickte er ein Stoßgebet zu Himmel. Da ließen die Hexen von ihm, eine nach der anderen verschwand im Dunkeln der Nacht. Und als er auf einer Anhöhe das schweißüberströmenden Pferdes anhielt, stieg über die Wipfel der Bäume der Mond. Der Wirt blickte um sich. Überall war Stille und nichts vom Hexenspuk mehr zu sehen.
Die Hexen sollen sich hierauf zu ihren Zusammenkünften in die Waldberge des Böhmens Grenze zurückgezogen haben. Der Wirt hat in der gleichen Nacht noch gelobt, auf dem Hügel wo der Spuk von ihm abließ, zum Dank für seine Errettung eine Kreuzsäule errichten zu lassen. Sie ist heute noch an der Stelle zu sehen.